Für den Erhalt der Lebensqualität

29
Sep
2017

Antwort des Landesrat Rudi Anschober

no comment Rainer Erler

LR Rudolf Anschober

Sehr geehrte Damen und Herren!

In Ihrem, an die Entscheidungsträger des Landes Oberösterreich gerichteten, offenen Brief, appellieren Sie, die Entwicklungen der letzten Jahre im Umgang mit Baurestmassen über die Landesgrenzen hinaus zu reflektieren und ersuchen um Beantwortung von vier Fragen.

Gerne übermittle ich dazu meine Antworten, möchte jedoch ergänzend darauf hinweisen, dass bedeutend umfassendere Informationen im Rahmen der ersten Sitzung des von mir einberufenen Runden Tisches gegeben wurden. Der Runde Tisch befasst sich mit der Klärung von Fragen, Informationen und der Suche nach möglichen Kompromissen. Er wurde von mir extra eingerichtet um ähnlich wie bei anderen umweltsensiblen Projekten vollständige Transparenz zu geben.

Die nächste Sitzung dieser Plattform wird am 20. November 2017 stattfinden. Bis dahin sind eine Reihe von Fragen, die von Bürgerinitiativen bzw. Gemeinden gestellt wurden, zu klären.

 

  1. Weshalb wird in Oberösterreich der Paradigmenwechsel von Deponierung zu Recycling nicht konsequent vollzogen?

 In Ihrem Brief weisen Sie darauf hin, dass die Handlungsempfehlungen des Projekts „EnBa-Entwicklung einer Strategie zur nachhaltigen Nutzung von Baurestmassen“ nicht konsequent umgesetzt worden sind und fordern von der Einführung verbindlicher Gruppen für den Einsatz von Recyclingmaterial bei Bauten der öffentlichen Hand bis hin zu einem Deponierungsverbot recyclingfähiger Baurestmassen.

Dazu weise ich darauf hin, dass mit BGBl. II Nr. 181/2015 idF BGBl. II Nr. 2090/2016 die sogenannte Recycling-Baustoffverordnung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erlassen worden ist. Darin werden umfassende Regelungen getroffen, mit denen sichergestellt werden soll, dass bei Abbrüchen recyclingfähiges Material hergestellt wird und daraus Recyclingbaustoffe gewonnen werden können, die für eine neuerliche Verwendung im Bauwesen herangezogen werden können.

Diese Verordnung wird in Oberösterreich konsequent umgesetzt. Das Land Oberösterreich hat sich in diesem Zusammenhang zum Ziel gesetzt, die im Recycling engagierten Betriebe bestmöglich zu unterstützen, um so dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft Rechnung zu tragen. In Verfolgung dieses Ziels, haben wir in Oberösterreich als erstes Bundesland auf diese Verordnung reagiert und die rechtlichen Voraussetzungen für die Herstellung von Recycling-Bausstoffen geschaffen.

Sofern Sie anregen, ein Deponierungsverbot für Baurestmassen anzuordnen, möchten wir klarstellen, dass ein solches nur für bestimmte recyclingfähige Fraktionen in Erwägung gezogen werden kann. Außerdem wäre ein solches Deponierungsverbot vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu erlassen, da der Bundesgesetzgeber diese Kompetenz in Anspruch genommen hat. Ich pflichte Ihnen bei, wenn sie ausführen, dass vielen Fraktionen die zur Deponierung gelangen im Kreislauf geführt werden könnten. Die maßgebliche Voraussetzung ist allerdings, dass das Recycling unter wirtschaftlichen Bedingungen möglich ist.

Oberösterreich befindet sich in der Frage des Recyclings von Baurestmassen auch im Bundesländervergleich auf einem guten Weg. Wie in der von Ihnen zitierten Studie ausgeführt, arbeiten wir erfolgreich daran, qualitativ hochwertige mineralische Baurestmassen nicht auf der Deponie enden zu lassen und das Kreislaufdenken im Bauwesen zu verankern.

Laut Abfallbericht wurden in Oberösterreich im Jahr 2015 rund 1,72 Mio. Tonnen mineralische Baurestmassen in der Abfallwirtschaft gemeldet, dies entspricht einem Wert von ca. 1.180 kg/Einwohner. Davon wurden 96 % einer nachfolgenden Behandlung oder Verwertung zugeführt bzw. dafür zwischengelagert. Lediglich 4 % wurden deponiert.

Eine Recyclingquote kann derzeit nur geschätzt werden, nach unserer Berechnungsmethode kommen wir auf 72 % bzw. rund 1.000 kg Recyclingbaustoffe/Einwohner.

Im Entwurf des Bundesabfallwirtschaftsplans 2017 wird für Österreich im Jahr 2015 ein Aufkommen bei den Bau- und Abbruchfällen von ca. 10 Mio. Tonnen = 1.160 kg/Einwohner (also gut vergleichbar mit OÖ) angegeben. Der Anteil der davon Verwertungsanlagen zugeführt wird liegt bundesweit gesehen bei 82 %. Oberösterreich liegt hier mit einem Anteil von 96 % deutlich besser. Aus anderen Bundesländern liegen uns hier keine vergleichbaren Daten vor, sodass eine seriöse Abschätzung nicht möglich ist.

Auch der Blick in die Vergangenheit zeigt eine positive Entwicklung und bestätigt uns in unseren Bemühungen. Seit dem Jahr 2009 konnte die Menge der Bau- und Abbruchabfälle die zur Aufbereitung zum Baustoffrecycling gelangen um 67 % gesteigert werden.

Oberösterreich braucht in diesem Zusammenhang dem Vergleich mit den Besten daher keinesfalls zu scheuen. Der wirtschaftliche Bedarf an großen Deponien kann sich daher auch aus dem Umstand einer ungünstigen regionalen Verteilung von Deponien ergeben, wie Sie auch selbst in Ihrem Brief weiter unten ausführen.

 

  1. Weshalb wird in Oberösterreich die nicht recyclebare Restfraktion nicht in regionalen Deponien auf Bezirksebene endgelagert?

Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie betonen, dass eine optimale regionale Verteilung von Baurestmassendeponien und Abfallbehandlungsanlagen im Hinblick auf viele verschiedene Umweltaspekte (Emissionen aus Verkehrsbewegungen durch Reduktion der Wege, Eingriffsintensität der einzelnen Vorhaben, …) günstige Auswirkungen mit sich bringt.

Das Land Oberösterreich hat allerdings keinen unmittelbaren Einfluss auf die Frage an welchem Standort bestimmte Behandlungsanlagen errichtet werden. Wir treten nicht als Betreiber von Deponien auf und beabsichtigen nicht hier in Konkurrenz zu den in diesem Bereich tätigen Betrieben zu treten.

Der Abfallwirtschaftsplan stellt hier ein Planungsdokument dar, welches es den potentiellen Betreibern von Deponien ermöglichen soll, einerseits den Bedarf abzuschätzen und andererseits die Standortentscheidung danach ausrichten zu können. Allerdings wird damit keine Verpflichtung für Private oder die öffentlichen Hand zur Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen geschaffen.

Nach aktuellem Stand ist in Oberösterreich noch ausreichend Deponievolumen für Baurestmassen vorhanden, sodass daraus für die öffentliche Hand kein Auftrag zur Errichtung von eigenen Anlagen abzuleiten ist.

Hinsichtlich der Situation im Bundesland Salzburg bitten wir Sie um Verständnis, dass wir auf die dortige Situation keinen Einfluss haben und auch nicht nehmen können. Wir stimmen Ihnen jedenfalls zu, dass die Reduktion bzw. Minimierung der Transportwege unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes jedenfalls zu begrüßen ist. Gleichzeitig sind wir uns allerdings auch bewusst, dass jene Unternehmen, die Baurestmassendeponien oder allgemein Abfallbehandlungsanlagen zu betreiben beabsichtigen, auf die Wirtschaftlichkeit des Projekts achten müssen. Dieser Aspekt wäre auch von der öffentlichen Hand bei der Planung eines Vorhabens zu berücksichtigen.

Der Ansatz, dass seitens der öffentlichen Hand Abfallbehandlungsanlagen bezirksweise ohne Blick auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs errichtet werden, sehen wir daher aus volkswirtschaftlicher Sicht kritisch.

 

  1. Weshalb werden in Oberösterreich nicht die Bezirksabfallverbände zu den Betreibern der regionalen Deponien gemacht?

Nach den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen sind die Bezirksabfallverbände verpflichtet, für die ausreichende Anzahl von Behandlungsanlagen zu sorgen. Wie wir bereits zuvor dargestellt haben ist in Oberösterreich, eine ausreichendes Volumen für die geordnete Deponierung von Baurestmassen vorhanden. Aus dieser Sicht kann daher auch keine Verpflichtung der Bezirksabfallverbände zur Errichtung neuer zusätzlicher Behandlungsanlagen abgeleitet werden.

Wichtig ist uns allerdings zu betonen, dass dieser Umstand kein negatives Entscheidungskriterium in einem abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren darstellt. Es kann daraus aber keine Verpflichtung der öffentlichen Hand abgeleitet werden, als Anbieter von zusätzlichen Entsorgungsinfrastrukturen aufzutreten.

Dabei ist vor allem auch zu beachten, dass die Bezirksabfallverbände als Körperschaften öffentlichen Rechts jedenfalls auch zur sparsamen Verwendung der ihnen zur Verfügung stehenden und zum Teil aus Gebühren und Abgaben erzielten Mittel verpflichtet sind. So würde es jedenfalls einer kritischen Prüfung bedürfen, ob mit der strikten Errichtung von Baurestmassendeponien in jedem Bezirk nicht den gegebenen Wirtschaftlichkeitskriterien widersprochen werden würde.

Nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 müssen für die Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Ist die Einhaltung dieser Kriterien gewährleistet, so hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines positiven Bescheides. Es handelt sich dabei um einen Grundsatz der Österreichischen Rechtsordnung. Der Behörde kommt es nicht zu über Anträge gänzlich frei zu entscheiden. Dies wäre ein Akt der Willkür.

Der Anspruch des Antragstellers ist allerdings nicht einseitig. Diesem gegenüber haben die in § 42 AWG 2002 definierten Parteien des Verfahrens den Anspruch, dass eine Genehmigung nur dann erteilt wird, wenn sichergestellt ist, dass deren subjektive öffentliche Rechte, die in § 43 AWG 2002 näher beschrieben werden, durch das Vorhaben nicht verletzt werden.

 

  1. Weshalb gibt es in Oberösterreich keinen zeitgemäßen Kriterienkatalog für die Standortwahl von Deponien?

 

Ich pflichte Ihnen bei, dass ein Kriterienkatalog für Anlagenbetreiber hinsichtlich der Standortwahl von Deponien eine gute Planungshilfe darstellen kann. Allerdings kann ein solcher Kriterienkatalog nur einen orientierenden Rahmen bilden. Wesentlich sind im jeweiligen Verwaltungsverfahren letztlich die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen. An diesen hat die Verwaltung ihr Handeln auszurichten.

 

Mit freundlichen Grüßen

Landesrat Rudi Anschober

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RUDI ANSCHOBER

Landesrat für Integration, Umwelt,

Klima- und KonsumentInnenschutz

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